Das von Pete Seeger interpretierte MAY THERE ALWAYS BE SUNSHINE geht auf ein russisches Lied zurück, welches sich von einer Hymne der sowjetischen Anti-Atom-Propaganda zu einem internationalen Friedenslied entwickelte und seit den 1960er Jahren in verschiedenen Ländern der Welt rezipiert und gesungen wird.
I. Entstehungsgeschichte
Inspiriert wurde das russische Lied von einer Zeichnung aus dem Jahr 1928. Der seinerzeit vierjährige Junge Konstantin (Kostya) Barannikov (Константин [Костя] Баранников) soll die Worte “Pust vsegda budet solntse” (“Möge immer die Sonne scheinen”) an den Rand des Bildes geschrieben haben, welche den Refrain des Liedes bilden (Markov 1966: 824f.; Jewtuschenko 1993: 1010). Der Junge erklärte mit seinem inspirierenden Vierzeiler die Bedeutung des Wortes “immer” (Bowlt 2002: 37). Die vier Zeilen wurden im Jahr 1928 in der Zeitschrift Native Sprache und Literatur an einer berufsbildenden Schule von der Kinder-Psychologin Xenia Spasskuya (Ксения Спасская) publiziert. Die Psychologin schreibt: “…a potom podbezhal k svoyeĭ mame i skazal: Pust vsegda budet nebo, Pust vsegda budet solntse, Pust vsegda budet mama, Pust vsegda budu ya. Razve eto ne porazitelnoe po svoyeĭ prostote, glubine i sile utverzhdenie zhizni? I razve dlya nego ne naĭdeny sootvet•stvuyushchie slova?” [“…und dann lief er zu seiner Mutter und sagte: Immer soll der Himmel da sein, immer soll die Sonne scheinen, immer soll meine Mutter da sein, immer soll ich da sein. Ist dies nicht erstaunlich in seiner Einfachheit, Tiefe und Kraft der Bejahung des Lebens? Und hat er nicht angemessene Worte gefunden?”] (Spasskuya 1928).
Diese Worte griff der in Russland sehr beliebte Literaturkritiker und Kinderbuchautor Kornej Tschukovski (Корней Чуковский) auf. Er hielt seine Beobachtungen von Kindern und ihrer verbalen Kreativität fest in dem Buch Kleine Kinder (Маленькие дети [Malenkie deti])(1928), welches später unter dem Titel Von zwei bis fünf (1933) bekannt wurde. In diesem schilderte er ausführlich seine Eindrücke und Beobachtungen des Sprachverhaltens von Kleinkindern (vgl. Tschukovski 1994: 368).
1960 wurde auf den Vierzeiler in der Kulturzeitschrift Literatur und Leben eingegangen (vgl. Tschukovski 1960; Balina 2009: 7f.). Ein Jahr später wurden die Worte des kleinen Jungen von dem Moskauer Künstler Nikola Petrovich Czaruchin (Чарухин Николай Петрович) aufgegriffen und in dem Plakat “Möge immer die Sonne scheinen” verarbeitet. Dieses wurde von dem Dichter Lev Oshanin (Лев Оша́нин) auf der Mai-Demonstration 1962 gesehen, welcher zu diesen Zeilen als Refrain einen Strophentext dichtete (vgl. Reid 2005: 25). Der vollständige Liedtext wurde erstmals im selben Jahr in der Zeitschrift Journal für kulturelle und pädagogische Arbeit (журнале Культурно-просветительская работа [zhurnale Kulturno-prosvetitelskaya rabota] 1962: S.50) veröffentlicht. Die Musik des Liedes wurde von Arkadii Ostrovskii (Аркадий Островский) komponiert. Die anfänglich auch Sonnenschein (Солнечный круг! [Solnechnyĭ krug!]) genannte Komposition wurde in kurzer Zeit zu einem der populärsten Kinderlieder der Sowjetunion sowie ein festes Element der russischen Pionier-Bewegung (vgl. Georgeoff 1968: 145).
1962 wurde das Lied erstmals durch die sowjetische Sängerin Tamara Miansarova aufgeführt. Miansarova gewann mit ihrem Auftritt auf dem VIII. Weltjugend-Festival in Helsinki den Hauptpreis. International berühmt wurde das Lied 1963 nachdem Miansarova damit den ersten Platz auf dem International Song Festival in Sopot erreichte. Nach diesem Erfolg wurde das Lied der “Nachtigall von Moskau” (соловьем Москвы [solovem Moskvy]) in der gesamten UdSSR und anderen Ländern sehr schnell beliebt.